E-Bike mit Ketten- oder Riemenantrieb?

In den letzten Jahren begegnet man zunehmend Fahrrädern und E-Bikes mit Riemenantrieb. Anstatt einer klassischen Fahrradkette überträgt ein Riemen die Kraft von den Kurbeln auf die Hinterradnabe. Warum werden Riemenantriebe für Fahrräder überhaupt eingesetzt und handelt es sich hierbei möglicherweise nur um einen vorrübergehenden Nischentrend?

Zahnriemen als Alternative zur Kette werden bei Motorrädern bereits seit Jahrzehnten verbaut. Trotz der anfangs den neuen „Gummiketten“ vielfach skeptisch gegenüberstehenden Fachwelt, werden sie nunmehr immer beliebter bei Radfahrenden.

Zunehmend kommen die Riemenantriebe auch an E-Bikes zum Einsatz. Eine berechtigte Frage die immer häufiger für Diskussionen sorgt lautet: Ist beim E-Bike der Riemen- dem Kettenantrieb überlegen? So einfach lässt sich die Frage jedoch nicht beantworten. In diesem Beitrag stellen wir die Argumente für und gegen einen Riemenantrieb beim E-Bike gegenüber und teilen unser Fazit mit dir.

Was ist ein E-Bike Riemenantrieb und wie unterscheidet er sich zur Fahrradkette?

Zunächst gilt es die den Aufbau des, beim Fahrrad verwendeten, Riemenantriebs und die Unterschiede zum Kettenantrieb zu kennen. Das Grundprinzip ist ähnlich zum Kettenantrieb. Die Unterschiede liegen im Material, Art der Schaltung und des Fahrradrahmens.

Aus welchem Material bestehen E-Bike Riemen?

Zahnriemen für Fahrräder bestehen heutzutage u.a. aus Polyurethan, Nylon, Nitrilkautschuk und Carbonfasern. Mehrere Carbon-Stränge im inneren des Riemens sorgen für die benötigte Zugfestigkeit. Diese sind außerdem dafür verantwortlich, dass sich der Riemen im Gegensatz zur Fahrradkette nicht längt, oder anders ausgedrückt, über die Dauer der Nutzung nicht dehnt.

Unterschiede zwischen E-Bike Riemenantrieb und Kettenantrieb

Bei gleicher Länge beläuft sich die Anzahl der Riemenzähne in etwa auf die gleiche Anzahl der Kettenglieder. Statt über Kettenblätter und Ritzel läuft der Riemen über spezielle Riemenscheiben. Der Riemen allein wiegt ca. 80 g und damit nur rund ein Drittel vom Gewicht der Kette.


Der Riemen besitz eine hohe Seitensteifigkeit und ist deshalb nicht mit einer klassischen Kassettenschaltung kombinierbar. Stattdessen läuft der Riemen über nur eine Riemenscheibe an der Hinterrad-Nabenschaltung.

E-Bike Kettenantrieb

Wer sind relevante Hersteller von Riemenantrieben?

Der Carbon Drive von Gates ist mit Abstand der meist verbreitete Riemenantrieb. Der Carbon Drive von Gates ist anders als eine Kette nicht teilbar. Die Montage des Riemens setzt einen speziell konstruierten Rahmen mit Rahmenschloss an der Sattelstrebe voraus. Andere Riemenhersteller, wie das Team von VEER hat einen teilbaren Riemen entwickelte, welcher somit auch relativ einfach an bisher kettenangetriebenen Fahrrädern nachgerüstet werden kann.

Vor- und Nachteile eines E-Bikes mit Riemenantrieb

Über die Vor- und Nachteile des Riemenantriebs wird in der Fachwelt häufig diskutiert. Grundsätzlich herrscht inzwischen Einigkeit darüber, dass ein Riemenantrieb Vorteile gegenüber einem Kettenantrieb hat. Die Frage, wo und wann die Verwendung eines Riemens sinnvoller ist, ist Hauptbestandteil der Diskussion. Ein E-Bike mit Riemenantrieb weist in diesem Vergleich Besonderheiten auf, die eine ausführlichere Betrachtung der Vor- und Nachteile rechtfertigen. Das Ergebnis zeigt, dass einige Vor-, aber auch Nachteile des Riemenantriebs beim E-Bike keine Relevanz besitzen.

Vorteile eines E-Bikes mit Riemenantrieb

Als das häufigste Argument für einen Riemenantrieb wird die Langlebigkeit genannt. So verspricht der Hersteller Gates eine Laufleistung von 20.000 km und mehr. Eine neue Kette wird hingegen, je nach Fahrstil, Einsatzbereich und Witterungsbedingungen bereits nach 1000 km bis 3000 km fällig. Die Langlebigkeit des Riemens ist darauf zurückzuführen, dass dieser sich im Gegensatz zur Kette nicht längt und dadurch auch die Riemenscheiben langsamer verschleißen.


Die integrierten Carbonfasern im Riemen sorgen überdies für eine äußerst hohe Belastbarkeit in Laufrichtung.


Des Weiteren benötigt der Riemen keine Schmierung. Lediglich Verschmutzungen müssen ggf. mit Wasser entfernt werden. Keine Schmierung zieht auch kaum Dreck an, Hände und Hosenbeinen bleiben Sauber.


Zuletzt werden als Vorteile des Riemens meist noch das geringere Gewicht und der ruhige Lauf im Vergleich zur Kette genannt. Das um zwei Drittel reduzierte Gewicht besitzt beim E-Bike jedoch keine Relevanz. Darüber hinaus muss dieser Vorteil zugleich beim Fahrrad ohne E-Unterstützung, bedingt durch die Kombination mit einer schwereren Nabenschaltung, abgesprochen werden. Ebenfalls negiert sich der Vorteil der Laufruhe durch den geräuschverursachenden E-Motor.

E-Bike Riemenantrieb

Übersicht – Vorteile des Riemenantriebs beim E-Bike

  • Sehr hohe Langlebigkeit
  • Hohe Zuverlässigkeit und Belastbarkeit
  • Wartungsarm bzw. keine Wartung nötig
  • Keine schmutzigen und schmierigen Hände und Hosenbeine

Nachteile eines E-Bikes mit Riemenantrieb

Das geringere Gewicht des Riemens bringt schlussendlich keinen Vorteil, hat aber auch keinen Nachteil beim E-Bike. Die gängigen Nabenschaltungen z.B. von Rohloff, NuVinci, Alfine und Nexus haben jedoch ein Problem gemeinsam, dass uns unmittelbar zum nächsten diskutierten Nachteil eines Riemenantriebs führt.


Die Rede ist von der auftretenden Reibung im Getriebe der Nabenschaltung die zu einer geringeren Effizienz der Kraftübertragung vom Pedal auf die Drehung der Reifen führt. Je nach Zustand einer vergleichbaren Kettenschaltung weißt eine Nabenschaltung einen 2 – 3 % geringeren Wirkungsgrad auf. Ebenso wird dem Riemen selbst ein Defizit in der Effizienz im Vergleich zur Kette zugesprochen. Eine 2012 unter Laborbedingungen durchgeführte Untersuchung der Universität Trier ergab, dass ab einer Leistung von 200 Watt der Riemen gegenüber der Kette den Effizienzverlust ausgleicht und bei steigender Leistung vorteilhafter ist. Bei einem E-Bike, welches bis zu 250 W zusätzlich zur Leistung des Radfahrers bzw. der Radfahrerin leistet, stellt der Riemenantrieb die effizientere Wahl dar. Der Effizienzverlust aus der Nabenschaltung bleibt beim E-Bike durch den Antrieb ebenfalls unbemerkt.

Nachteil Kosten

Da der erste Nachteil des Riemenantriebs beim E-Bike obsolet wird kommen wir nun zu einem, jedenfalls im Moment noch (2022), gültigen Nachteil. Die Rede ist von den Kosten eines Riemenantriebs. Diese schlagen mit ca. dem doppelten Preis gegenüber einer Kette (für einen nicht teilbaren Riemen) zu buche. Auch Riemenscheiben nutzen sich ab und kosten ein Mehrfaches eines Kettenblatts bzw. Ritzels/Kassette (je nach Hersteller und Modell der Schaltung).

E-Bike Riemenantrieb

Zusätzlich muss bei der Kombination von Riemen und Riemenscheiben auf den identischen Hersteller zurückgegriffen werden. Es besteht bei Riemen und Riemenscheiben keine Komptabilität zwischen unterschiedlichen Herstellern.


Wird ein Riemen doch mal beschädigt, oder reißt, kann er nicht wieder, wie eine Kette zusammengenietet werden. Er muss dann vollständig ersetzt werden.

Um einen nicht teilbaren Riemen auszutauschen, oder einzubauen wird ein spezieller Rahmen benötigt. Der Rahmen muss an der Sattelstrebe ein Rahmenschloss aufweisen, damit der Riemen eingelegt werden kann. Je nach Qualität und Machart kann sich ein Rahmenschloss auch negativ auf die Steifigkeit des Rahmens auswirken.

Übersicht – Nachteile des Riemenantriebs beim E-Bike

  • Nur mit teuren Nabenschaltungen oder Singelspeed-Naben kompatibel
  • Riemen und Riemenscheiben schlagen mit einem höheren Preis als Kette und Kettenblätter/-ritzel zu buche
  • Der Rahmen benötigt ein Rahmenschloss
  • Riemen kann nicht repariert werden
  • Herstellergebunden, nicht überall verfügbar

Bei welchen E-Bike Typen ist ein Riemenantrieb sinnvoll?

Grundsätzlich lässt sich ein Riemenantrieb für jeden E-Bike Typ konstruieren. Allerdings zeigt sich in der Praxis der Einsatz bisher meist nur bei E-Citybikes und E-Trekkingbikes. Beim Hersteller KTM ist das Macina City mit Riemenantrieb erhältlich. Vor allem für Vielfahrer und Tourenfahrer überwiegt der Vorteil eines Riemens hinsichtlich der längeren Lebensdauer. Ebenso erfreuen sich Allwetter-Pendler über den geringeren Wartungs- und Pflegeaufwand eines Riemens.


E-Mountainbikes, ob Hardtail, oder Fully mit Riemenantrieb gelten bislang als Exoten. Angesichts der Gefahr, dass der Riemen durch Steine und Äste beschädigt werden könnte, verhalten sich die Hersteller bisher zögerlich. Des Weiteren können Nabenschaltungen nicht die benötigte Übersetzungsbandbreite für Mountainbikes bieten. Eine Ausnahme stellt die, aber aus Preisgründen oft nicht verwendete, Rohloff Nabenschaltung dar.


Dass die Verwendung des Riemenantriebs bei E-Mountainbikes möglicherweise zu Unrecht nicht zum Einsatz kommt, konnte das E-Fully von Nicolai beweisen. Der Riemen des E-Fully‘s wird über eine Riemenspanne geführt, welche den Riemen auch beim Einfedern des Hinterbaus stetig unter Spannung hält. Ob der Riemenantrieb im MTB-Bereich weiteren Zuspruch findet wird sich zeigen.

E-Bike Antrieb

Fazit: E-Bike mit Riemenantrieb vs. E-Bike mit Kettenantrieb

Bereits jetzt gibt es viele positive Langzeiterfahrungen mit Riemenantrieb, auch an E-Bikes. Die Pionierphase der Riemenantriebe neigt sich dem Ende zu. Wenn Riemen und Riemenscheiben erschwinglicher werden, wird sich der Antrieb besonders bei E-Citybikes und E-Trekkingbikes langfristig etablieren.


Vor allem an E-Bikes verliert die Kette den Vorteil der effizienteren Antriebsart. Kräftetechnisch macht der E-Motor den Effizienzverlust wieder wett, wenn auch die Reichweite dadurch minimal leidet. Andere Faktoren bezüglich der Effizienz, wie z.B. Reifendruck und die eigene körperliche Verfassung überwiegen.

Für Gelegenheitsfahrer empfiehlt sich der Kostengünstigere Antrieb per Kette, während Vielfahrer und Allwetter-Pendler mit einem Riemen besser bedient sind.

Dennoch muss angemerkt werden, dass auch ein wartungsarmer(-freier) Riemenantrieb dem Zahn der Zeit ausgesetzt bleibt.

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